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Kultur und Wirtschaft
Eröffnungsrede von Christine Lagarde, Präsidentin der EZB, anlässlich des Festakts 150 Jahre Opernfestspiele München
München, 26. Juni 2025
Ich freue mich sehr, bei den Münchner Opernfestspielen dabei sein zu dürfen.
Diese Festspiele gibt es nun schon seit stolzen 150 Jahren. In den kommenden fünf Wochen erwartet das Publikum ein abwechslungsreiches Programm.
Dieses umfasst neben bekannten Meisterwerken wie Mozarts Don Giovanni auch weniger häufig dargebotene Stücke wie Die Liebe der Danae von Richard Strauss.
Ein Werk ist mir besonders aufgefallen, nämlich Gabriel Faurés Pénélope. Es wird im Rahmen der Festspiele erstmals in diesem Haus aufgeführt.[1]
Einige von Ihnen denken jetzt vielleicht: „Natürlich wählt Madame Lagarde ein französisches Werk aus!“ Ich möchte Pénélope aber aus einem ganz anderen Grund hervorheben.
Faurés Werk ist die Quintessenz der europäischen Kultur der Vergangenheit und Gegenwart.
Seine Handlung beruht auf einer griechischen Sage. Pénélope ist bekanntlich Odysseus’ treu ergebene Gattin. Diese griechische Sage inspirierte den Komponisten zu seiner Oper – eine Kunstform, die im späten 16. Jahrhundert in Italien aufkam. Pénélope wurde in Frankreich komponiert und in der Landessprache aufgeführt. Und nun wird diese Oper hier in München zu hören und zu sehen sein.
Pénélope ist eine Reise durch die europäische Kultur – vom alten Griechenland über Italien und Frankreich in das Deutschland der Gegenwart. Und es ist die Geschichte einer Frau mit Durchhaltevermögen.
Pénélope wurde 1913 uraufgeführt, also am Ende der sogenannten ersten Ära der Globalisierung.[2] In den Jahrzehnten zuvor waren die Volkswirtschaften in Frieden gewachsen: Menschen, Waren und Kapital bewegten sich frei zwischen den Ländern. Dies war ein fruchtbarer Nährboden für Innovationsfreude, Kreativität und Kunst.
Doch wir wissen, was dann geschah.
1914 brach der Erste Weltkrieg aus und hinterließ nichts als Schutt und Asche. Er war wahrhaft der Krieg, der den Frieden beendete[3] – so formulierte es die Historikerin Margaret MacMillan. Es folgte eine Zeit der völligen Zersplitterung. Aus der positiven Dynamik wurde ein Teufelskreis, und so sehnten sich Schriftsteller wie Stefan Zweig in „die Welt von Gestern“ zurück.
Das war eine wichtige Lektion für die Menschen in Europa. Eine Erfahrung, die prägend war für den Wiederaufbau in den Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg. Wir strebten nach einer tieferen Integration, wissend, dass diese Wachstum und Zusammenhalt fördern würde. Dies brachte wiederum eine gemeinsame europäische Kultur hervor, die in allen Ländern das Gefühl verstärkte, ein gemeinsames Ziel zu verfolgen.
Doch heute kippt dieser Trend.
Die Wirtschaftsordnung, die über weite Teile der letzten 80 Jahre Wohlstandsgarant war, wird gegenwärtig infrage gestellt. Wir erleben eine erneute Zersplitterung, und das Wachstum verlangsamt sich.
Wie in der Vergangenheit könnte diese Veränderung weitreichende Folgen haben. Nicht nur für unsere Wirtschaft, sondern auch für unsere gemeinsame europäische Identität und Kultur. Aber nur, wenn wir es zulassen.
Eine tiefere Integration ist meiner Meinung nach das wirkungsvollste Mittel gegen Zersplitterung. Wir müssen dafür sorgen, dass unsere gemeinsame Kultur auch in schwierigen Zeiten eine starke einigende Kraft ist.
Integration, Wachstum und Kultur
Die europäische Kultur ist Ausdruck unserer Gesellschaft und ihrer Geschichte.
Das Wort „Europa“ wurde in Griechenland geboren und im Laufe der Jahrhunderte mit immer neuen geografischen und kulturellen Inhalten verbunden. Tatsächlich ist der Begriff von Europa viel älter als die Idee von Nationalstaaten, deren Aufstieg im Wesentlichen Ende des 18. Jahrhunderts einsetzte.[4]
Doch lange Zeit war es in Europa einigen wenigen vorbehalten, den kulturellen Reichtum unseres Kontinents selbst erleben zu können.
Jahrhunderte lang konnten es sich nur Wohlhabende leisten, Europa zu bereisen. Bis ins frühe 19. Jahrhundert war es üblich, dass junge Aristokraten Rundreisen durch Europa unternahmen.
Wer nicht zum Adel gehörte, war hingegen auf spendable Förderer angewiesen, wie beispielsweise der jungen Goethe. Seine Italienreise in den 1780er-Jahren verdankte der Dichterfürst seinem Freund und Arbeitgeber, dem Herzog von Sachsen-Weimar-Eisenach.
Die Kultur selbst aber kennt und kannte nie Grenzen, auch wenn früher nur Menschen mit Geld in ihren Genuss kamen.
Mozarts Geburtsstadt Salzburg war zu seiner Zeit beispielsweise Teil des Heiligen Römischen Reiches. Seine Musik und der Komponist selbst wurden in Europa aber bis weit über die Grenzen seines Heimatlandes bekannt. Am Ende seines kurzen Lebens war er in Anerkennung seines europaweiten kulturellen Einflusses nicht mehr als „der Salzburger Mozart“ bekannt, sondern schlicht und einfach als „Mozart“.
Es ist aber gerade einmal 80 Jahre her – in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg –, dass die europäische Kultur langsam demokratischer, also allgemein zugänglich, wurde.
In der frühen Nachkriegszeit setzte eine neue Generation von Staatsoberhäuptern in Europa auf ein Miteinander statt ein Gegeneinander. Damit läuteten sie eine neue Ära für unseren Kontinent ein. Es entstand eine positive Dynamik aus Integration, Wachstum und Kultur.
Was im Jahr 1951 mit der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl begann, entwickelte sich weiter zur Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, 1957 besiegelt durch den Vertrag von Rom.[5] Durch diesen wichtigen Integrationsschritt entstanden die „vier Freiheiten“: ein Binnenmarkt für Waren, Dienstleistungen, Kapital und Menschen.
Für Europa begann eine Zeit außergewöhnlich kräftigen Wachstums. Daher nennt man die 30 Jahre von 1945 bis 1975 auf Französisch auch Les Trente Glorieuses.
Dieses Wachstum wurde durch den intensiveren Handel genährt, wodurch in Westeuropa die wirtschaftliche Grundlage für mehr kulturelles Engagement und einen besseren Zugang zu Kultur entstand.
Boomende Volkswirtschaften bedeuteten reichlich Arbeitsplätze, somit hatten die europäischen Haushalte mehr Geld für Freizeitvergnügen zur Verfügung. Dank Innovationen, Produktivitätszuwächsen und neuer sozialer Normen reduzierte sich die Arbeitszeit allmählich. Dadurch blieb den Familien mehr Zeit für kulturelle Aktivitäten.
Das starke Wachstum ließ auch die Steuereinnahmen sprudeln, sodass mehr Geld für den Ausbau der interregionalen Infrastruktur und anderer öffentlicher Güter ausgegeben werden konnte.
Beispielsweise wurde in Italien in den späten 1950er- und den frühen 1960er-Jahren die Autostrada del Sole – die „Sonnen-Autobahn“ – gebaut. Damit gab es erstmals eine direkte Verbindung zwischen Mailand und Neapel, mit einigen anderen Großstädten entlang der Strecke. Nun war es möglich, morgens den Mailänder Dom zu besuchen und am Abend durch die Cappella Sansevero in Neapel zu schlendern.
Und Italien war kein Einzelfall: Auch andere europäische Länder steckten viel Geld in Infrastrukturprojekte. Was als Investition für die eigene Bevölkerung begann, erwies sich schnell als Geschenk für den gesamten Kontinent – es entstanden Verbindungen zwischen Städten, Kulturen und Menschen in ganz Europa.
Mit der enger werdenden Verbindung zwischen den Ländern Europas nahmen die vier Freiheiten auch im Alltag der Bevölkerung immer konkretere Formen an.
In den Wirtschaftswunderjahren nach dem Zweiten Weltkrieg brauchte man keinen reichen Gönner mehr, um eine Reise zu unternehmen. Viele Familien konnten sich erstmals in ihrem Leben einen Urlaub leisten. Im Jahr 1955 betrachteten mehr als acht von zehn Westdeutschen Urlaub nicht mehr als Luxus.[6]
Mit der Schaffung des Schengenraums in den 1990er-Jahren wurde das Reisen innerhalb Europas dann wirklich unkompliziert. Dadurch wurde die Verbindung zwischen den Menschen in Europa gefestigt und ihre gemeinsame Kulturgeschichte gestärkt.
Heute leben oder arbeiten rund 17 Millionen Europäerinnen und Europäer in einem anderen EU-Land als ihrem Herkunftsland.[7] Wenn ich etwa in Frankfurt am Main unterwegs bin, wo die EZB ihren Sitz hat, höre ich die Leute auf der Straße u. a. Deutsch, Spanisch, Französisch und Italienisch sprechen.
Diese Vielfalt macht den Alltag in Europa so bunt und lebendig. Im Café bei mir um die Ecke spricht mich der Inhaber, ein Deutscher, zum Beispiel oft auf Französisch an. Und natürlich antworte ich ab und zu auf Deutsch.
Nicht nur europäische Touristen und Arbeitnehmer können sich nun in Europa ungehindert bewegen, sondern auch Studierende – eine Chance für eine neue Generation, die mit dem europäischen Ideal aufgewachsen ist.
Dank des europäischen Austauschprogramms „Erasmus“, das es seit den 1980er-Jahren gibt, konnten schon über 15 Millionen Studierende Auslandserfahrung sammeln. Eines ist sicher: Diese Erfahrung eröffnet den jungen Europäerinnen und Europäern neue Perspektiven.[8] Studien zufolge verfügen Erasmus-Studierende über eine höhere interkulturelle Kompetenz, empfinden sich mehr als Europäer und arbeiten mehr als doppelt so oft im Ausland wie ihre Altersgenossen ohne Erasmus-Erfahrung.[9]
Man sieht, dass sich die Integration, das Wachstum und die gemeinsame europäische Kultur und Identität über die Jahrzehnte hinweg gegenseitig verstärkt haben.
Die Risiken für die Kultur in einer zunehmend zersplitterten Welt
Heute gerät diese positive Dynamik aber unter Druck.
Statt einer tieferen Integration sehen wir Anzeichen für eine zunehmende Zersplitterung.
Die Handelshemmnisse nehmen weltweit zu, und die Zahl der internationalen Handelsbeschränkungen hat sich seit 2019 verdreifacht.[10] Außerdem ist die nationalistische Abschottung nicht nur im Ausland, sondern auch innerhalb Europas auf dem Vormarsch und gefährdet die jahrzehntelange Arbeit an der Einheit Europas.
Diese Zersplitterung stellt das europäische Wachstumsmodell vor Herausforderungen. Europa ist in hohem Maße vom Außenhandel abhängig. Mit einer Außenhandelsquote, die etwa doppelt so hoch ist wie die der Vereinigten Staaten, ist es besonders anfällig gegenüber wachsendem Protektionismus.
Das ist besorgniserregend, denn das Wachstum in Europa verliert bereits seit einiger Zeit an Schwung. Dadurch sinkt nach und nach der Lebensstandard im Vergleich zu anderen Ländern. Zudem fallen wir in Sektoren zurück, in denen wir einst weltweit führend waren, und kämpfen darum, uns in den Zukunftsbranchen eine führende Rolle zu erarbeiten.
Es mag verlockend sein, diese Herausforderungen als rein wirtschaftlich zu betrachten – zu glauben, dass die Wettbewerbsfähigkeit nur den materiellen Wohlstand betrifft, während die Kultur in höheren Sphären beheimatet ist. In Wirklichkeit sind das wirtschaftliche und das kulturelle Schicksal Europas jedoch eng miteinander verwoben, wie wir in der Nachkriegszeit gesehen haben.
Wenn man bedenkt, welche Rolle Integration und Wachstum für die Vertiefung und Demokratisierung der europäischen Kultur gespielt haben, wäre es realitätsfremd zu glauben, dass Spaltung und Stagnation spurlos an ihr vorübergehen. Wie die Geschichte zeigt, bleibt es für die Kultur selten ohne Folgen, wenn die Wirtschaft ins Stocken gerät und sich nach innen wendet.
Am deutlichsten wurde dies vielleicht im Mittelalter. Damals zerfiel Europa, das einst durch die Straßen, Bibliotheken und Institutionen des Römischen Reiches zusammengewachsen war.
Eine von Innovation und Lernen geprägte Kultur verschwand. Dass klassische Texte und wissenschaftliche Erkenntnisse das finstere Mittelalter überhaupt überdauerten, war zum Teil den Klöstern zu verdanken. Denn sie bildeten in der damals weitgehend analphabetischen Gesellschaft isolierte Orte des Lernens, wie Umberto Eco in seinem Roman Der Name der Rose anschaulich beschreibt.[11]
Selbst in der jüngsten Vergangenheit haben wir erlebt, wie Uneinigkeit und wirtschaftliche Schwäche das kulturelle Gefüge Europas strapazieren können.
Während der Staatsschuldenkrise vor 15 Jahren hatten wir zunächst Mühe, einen gemeinsamen Weg nach vorn zu finden – mit direkten Folgen für die Kultur.
Die hohe Staatsverschuldung zwang Regierungen zu schmerzhaften Ausgabenkürzungen. Die Kulturbudgets waren hiervon häufig am stärksten betroffen. In mehreren Ländern sanken die Pro-Kopf-Ausgaben für Kultur auf etwa zwei Drittel des EU-Durchschnitts.[12]
Das blieb nicht ohne Folgen für unser Gefühl einer gemeinsamen Identität. Vor der Krise waren die meisten Europäer der EU gegenüber positiv eingestellt. Zwischen 2011 und 2013 schrumpfte dieser Anteil jedoch drastisch auf unter ein Drittel. Dies führt uns deutlich vor Augen, wie schnell das Gefühl der Gemeinsamkeit in schwierigen Zeiten abhandenkommen kann.[13]
Diese Verbindung zwischen Wirtschaft und Kultur behalte ich bei der Wahrnehmung meiner Aufgaben als EZB-Präsidentin stets im Auge. Meine Hauptaufgabe besteht darin, die Preise für die Menschen in Europa stabil zu halten und so die Kaufkraft und nachhaltiges Wachstum zu fördern.
Da ich unser reiches kulturelles Leben sehr zu schätzen weiß, verstehe ich die Tragweite unserer Aufgabe: Wirtschaftskraft und Integration sind das Fundament unserer europäischen Kultur und Identität. Diese Verbindung ist so eng, dass „europäische Kultur“ eines der zwei Themen ist, die in der Endauswahl für die Motive der nächsten Euro-Banknotenserie stehen.
Eine europäische Antwort
Ich bin der festen Überzeugung, dass die Zersplitterung nur dann wirklich bekämpft werden kann, wenn man aktiv gegensteuert und sich zusammentut.
Einheit bedeutet jedoch nicht, künstliche Bindungen zu erzwingen. Europa ist bereits heute durch ein gemeinsames historisches und kulturelles Erbe verbunden. Wahre Einheit bedeutet, aus diesem Erbe zu schöpfen und die Schranken zu beseitigen, die unserer Innovation und Kreativität im Weg stehen. So kann die positive Wechselwirkung zwischen Wirtschaft und Kultur, aus der Europa seit Langem Kraft schöpft, fortbestehen und stärker werden.
Einige der derzeitigen Hindernisse sind wirtschaftlicher Art. Weiter bestehende Beschränkungen innerhalb unseres Binnenmarkts hindern kreative Menschen noch immer daran, ihre Ideen zu entwickeln und den Fortschritt auf unserem Kontinent voranzutreiben. Laut einer kürzlich durchgeführten Umfrage geben drei Viertel der europäischen Unternehmen mit Spitzeninnovationen an, die Marktfragmentierung innerhalb der EU sei ein ernsthaftes Wachstumshindernis.[14]
Der Internationale Währungsfonds hat sogar versucht, die Hindernisse zu quantifizieren, die wir uns gegenseitig auferlegen. Ausgedrückt in effektiven Zollsätzen liegt der Wert für den Dienstleistungsverkehr innerhalb Europas bei 110 %. Das ist weit mehr als alles, was uns derzeit von unseren außereuropäischen Handelspartnern droht.[15]
Ein paar Hindernisse sind kultureller Art. In Zeiten knapper öffentlicher Kassen könnte sich der Zugang zu Kunst für viele verschlechtern. Dies hat auch wirtschaftliche Folgen. Kreativität findet nicht isoliert statt. Die kreativen Künste begünstigen Innovationen in allen Bereichen.
Das vielleicht eindrucksvollste historische Beispiel dafür ist Leonardo da Vinci. Er ist der Nachwelt in erster Linie als Künstler bekannt, war aber auch Ingenieur, Erfinder, Wissenschaftler und Stadtplaner.
Die heutige Forschung zeigt, dass der Zusammenhang zwischen künstlerischer Kreativität und wirtschaftlicher Innovation unverändert stark ist. Studien zufolge melden MINT-Absolventen mit künstlerischem Hintergrund weitaus häufiger Patente an oder gründen Start-ups. Viele von ihnen nennen ihre kreative Ausbildung als direkte Inspirationsquelle.[16]
Wir müssen also die Barrieren abbauen, die unsere Länder noch immer trennen, und Hindernisse beseitigen, die die kreative Entfaltung hemmen.
Glücklicherweise wird derzeit einiges getan, um das kulturelle Potenzial Europas freizusetzen.
Eines der vorrangigen Ziele der Europäischen Kommission ist es, Innovatoren auf europäischer Ebene zu fördern.
So ist das Ziel von „Kreatives Europa“, dem wichtigsten Kulturförderprogramm der Kommission, die Förderung der Zusammenarbeit zwischen kulturellen Organisationen aus verschiedenen Ländern.
Allein im vergangenen Jahr wurden mit Mitteln aus diesem Programm neue Projekte in 20 Ländern finanziert, darunter mehrere Übersetzungen ukrainischer Literatur in mehr als ein Dutzend europäische Sprachen. Dies zeigt, wie die Kulturpolitik der EU die grenzüberschreitende Zusammenarbeit und Sichtbarkeit fördert.[17]
Die Bewahrung des kulturellen Erbes unseres Kontinents ist ein weiterer Bereich, in dem derzeit mehr getan wird.
Im Rahmen ihrer Kohäsionspolitik hat die EU zwischen 2007 und der Pandemie rund 12 Mrd. € in das kulturelle Erbe und die Kreativwirtschaft investiert[18] – und dieses starke Engagement setzt sich in anderen neuen Initiativen fort.
Beispielsweise unterstützt die Kommission Museen dabei, ihre Exponate mithilfe moderner Tools und Infrastrukturen zu digitalisieren, denn bisher liegen nur 30 bis 50 % der Kulturgüter Europas in digitaler Form vor. Diese immens wichtige Arbeit trägt dazu bei, unser kulturelles Erbe in einer zunehmend digitalen Welt zu bewahren.[19]
Die EU arbeitet zudem aktiv daran, das Gefühl einer gemeinsamen europäischen Identität zu stärken.
Seit 2013 wurden fast 70 Orte mit dem Europäischen Kulturerbe-Siegel ausgezeichnet, das deren Bedeutung für unsere Geschichte und Kultur sichtbar macht.[20] Und eine der beiden diesjährigen Kulturhauptstädte Europas, Chemnitz, liegt in Deutschland.
Durch die Vertiefung unserer wirtschaftlichen wie auch kulturellen Bande können wir Europas ganzes Potenzial freisetzen, Ich bin zuversichtlich, dass wir zu der Einheit finden werden, die wir brauchen. Denn im Laufe unserer Geschichte haben wir unsere größten Herausforderungen durch Einheit gemeistert.
Selbst in der jüngsten Vergangenheit haben wir die Pandemie und die Energiekrise überwunden, indem wir als Europäerinnen und Europäer gemeinsam handelten. Und diese Zeiten der Solidarität haben dazu beigetragen, das Vertrauen in Europa wiederherzustellen.
Heute ist das Vertrauen in die EU auf dem höchsten Stand seit 2007.[21] Und wenn wir durch mutiges Handeln eine positive Dynamik aus Integration, Wachstum und Kultur aufrechterhalten, könnte dieses Vertrauen weiter steigen.
Schlussbemerkungen
Lassen Sie mich nun zum Schluss kommen.
In einer Zeit, in der die Welt zunehmend zerfällt, können viele Dinge, die einst in Stein gemeißelt waren, fragil erscheinen, gar zerbrechlich. Doch wie Faurés Pénélope beweist, ist die europäische Kultur unvergänglich.
Mehr als 100 Jahre nach ihrer Uraufführung und nach mehreren Kriegen und Krisen, die Europa in dieser Zeit heimsuchten, sind wir nun hier bei den Münchner Opernfestspielen, wo diese Oper in den kommenden Wochen aufgeführt wird.
Die Beständigkeit von Pénélope – sowohl als Frau als auch als Oper – erinnert uns daran, wie Kultur Konflikte überdauern kann, und spricht für die Resilienz unseres kulturellen Geistes angesichts der größten Herausforderungen.
Der Künstler Gerhard Richter hat einmal gesagt: „Kunst ist die höchste Form der Hoffnung“. Diese Hoffnung findet in der heutigen zunehmend gespaltenen Welt umso mehr Widerhall.
Die europäische Integration war entscheidend für die Förderung einer gemeinsamen europäischen Kultur und Identität. In einer Zeit der erneuten Zersplitterung kann diese gemeinsame Kultur uns noch immer zusammenhalten – vorausgesetzt, wir pflegen sie auch in Zukunft.
Vielen Dank.
Von Mitte bis Ende Juli steht diese Oper insgesamt fünf Mal auf dem Programm.
Siehe K. O’Rourke und J. Williamson, Globalization and History: The Evolution of a Nineteenth-Century Atlantic Economy, MIT Press, 1999.
Siehe M. MacMillan, The War that Ended Peace: How Europe Abandoned Peace for the First World War, Profile Books, 2014.
Siehe B. Anderson, Imagined Communities, 1983.
Die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl wurde 1951 durch den Vertrag von Paris gegründet und trat 1952 in Kraft.
Vor dem Zweiten Weltkrieg hatten noch weniger als 15 % der Deutschen länger als fünf Tage Urlaub gemacht. Siehe C. M. Kopper, The breakthrough of the package tour in Germany after 1945, Journal of Tourism History, Bd. 1, Nr. 1, März 2009.
Siehe Europäische Kommission, Public documents.
Siehe Europäische Kommission, Marking 37 years of Erasmus+: Key numbers and achievements, 17. Juni 2024.
Siehe Europäische Kommission, Erasmus+: ein Wendepunkt im Leben von 5 Millionen europäischen Studierenden, 20. Mai 2019.
Siehe G. Gopinath, Geopolitics and its Impact on Global Trade and the Dollar, Rede im Rahmen der Vortragsreihe zur Zukunft des Internationalen Währungssystems, Stanford Institute for Economic Policy Research, 7. Mai 2024.
Siehe U. Eco, Der Name der Rose, 1982.
Siehe Abbildung 1 in P. Almeda et al., Public spending on culture in Europe 2007-2015.
Siehe M. Smętkowski und M. Dąbrowski, Economic crisis, Cohesion Policy and the eroding image of the European Union at the regional level, Regional Science Policy & Practice, Bd. 11, Ausgabe 4, Oktober 2019, S. 713-733.
Europäische Investitionsbank, Investitionsbericht 2024/2025 – Innovation, Integration und Vereinfachung in Europa, 2024.
Internationaler Währungsfonds, Europe’s Declining Productivity Growth: Diagnoses and Remedies, Regional Economic Outlook Notes, November 2024.
Siehe R. LaMore et al., Arts and Crafts: Critical to Economic Innovation, Economic Development Quarterly, Bd. 27, Nr. 3, 2013, S. 221-229.
Siehe Europäische Kommission, Creative Europe announces the results of its 2024 calls, 15. Januar 2025.
Für den Zeitraum 2007 bis 2013 siehe Cohesion Policy 2007-2013: Culture; für den Zeitraum 2014 bis 2020 siehe Europäische Kommission, Support to the cultural and creative sectors through cohesion policy, CREADIS3-Abschlusskonferenz, 22. April 2021.
Siehe Europäische Kommission, Moving towards a new European collaborative cloud for cultural heritage, 5. Juli 2022.
Siehe Europäische Kommission, Träger des Europäischen Kulturerbe-Siegels.
Siehe Eurobarometer, Standard-Eurobarometer 103 – Spring 2025, 2025.
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