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Was ist ein Haircut?

Stand: 30. Juni 2023

In der Finanzwirtschaft bezeichnet der Begriff „Haircut“ einen Abschlag auf den Wert eines Vermögenswerts, ausgedrückt in Prozent. Nehmen wir zum Beispiel an, ein Vermögenswert, wie eine bestimmte Staatsanleihe, hat einen Wert von 1 Mio. €. Wird ein Haircut von 20 % vorgenommen, so wird die Anleihe behandelt, als hätte sie lediglich einen Wert von 0,8 Mio. €.

Wann werden Haircuts angewendet?

Haircuts werden beispielsweise angewendet, wenn eine Zentralbank einer Geschäftsbank einen Kredit gewährt. Für diesen Kredit verlangt die Zentralbank als eine Art Garantie Sicherheiten (weitere Informationen zu Sicherheiten). Sie wendet jedoch einen Haircut an, also einen Abschlag auf den Wert dieser Sicherheiten. In unserem oben genannten Beispiel würde eine Geschäftsbank einen Kredit in Höhe von 0,8 Mio. € erhalten, denn dies entspricht dem Wert des Vermögenswerts nach dem Haircut von 20 %.

Warum werden Haircuts verwendet?

Zentralbanken müssen sicher sein können, dass sie das von ihnen verliehene Geld zurückbekommen. Die erste Sicherheitsmaßnahme ist natürlich die Tilgungsvereinbarung mit dem jeweiligen Kreditnehmer. Ist dieser Kreditnehmer jedoch nicht in der Lage, den Kredit zurückzuzahlen, verwertet die Zentralbank die vorhandenen Sicherheiten. Daher muss die Zentralbank die Gewissheit haben, dass sie die Sicherheiten zu einem Preis verkaufen kann, der den Kreditbetrag deckt. Der Wert von Vermögenswerten kann jedoch schwanken oder der Verkauf bestimmter Vermögenswerte kann einige Zeit in Anspruch nehmen. Ein Haircut bietet also einen Sicherheitspuffer für Wertverluste während des Zeitraums, der für den Verkauf der Sicherheiten benötigt wird.

Veranschaulichen wir dies am Beispiel einer Anleihe im Wert von 1 Mio. €. Auch wenn die Anleihe heute 1 Mio. € wert ist, gibt es keine Garantie dafür, dass sie zum Verkaufszeitpunkt immer noch 1 Mio. € wert ist. An den Finanzmärkten kann es zu Schwankungen kommen. Außerdem können verschiedene Faktoren, etwa die finanzielle Solidität des Emittenten dieser Anleihe, den Wert der Vermögenswerte beeinflussen. Deshalb reichen Vermögenswerte mit einem aktuellen Marktwert von 1 Mio. € nicht aus, um einen Kredit in derselben Höhe zu erhalten.

Wodurch bestimmt sich die Höhe von Haircuts?

Der Kreditgeber (in diesem Fall die Zentralbank) muss prüfen, wie hoch ein Haircut sein muss, damit das Risiko, dass der Vermögenswert nicht zu seinem aktuellen Wert veräußert werden kann, abgedeckt ist. Das hängt von den oben genannten Faktoren ab, und auch von dem Risiko, mit dem eine bestimmte Art von Vermögenswert behaftet ist, und davon, wie stark sein Preis schwankt und wie „liquide“ er ist (also wie leicht er schnell ohne Wertverlust veräußert werden kann). Mit anderen Worten: Die Höhe eines Haircuts hängt von den Eigenschaften der Sicherheit und den Eigenschaften des Emittenten dieser Sicherheit ab. Staatsanleihen beispielsweise sind in der Regel relativ sichere und liquide Anlagen und erhalten daher einen geringeren Haircut als Kredite von Banken.

Welche Haircuts wendet das Eurosystem an?

Das Eurosystem, das sich aus der EZB und den nationalen Zentralbanken des Euroraums zusammensetzt, legt sorgfältig fest, welche Haircuts auf die von ihm akzeptierten Sicherheiten angewendet werden. Dabei wird stets sichergestellt, dass der jeweilige Haircut ausreichend und angemessen ist, um das Risiko eines Verlustes so gering wie möglich zu halten.

Das Eurosystem bevorzugt als Sicherheit keine bestimmte Art von Vermögenswerten, solange diese seine Anforderungen erfüllt. Als Sicherheit für einen Kredit in Höhe von 1 Mio. € kann der Kreditnehmer beispielsweise Kredite von Banken in Höhe von 1,7 Mio. € mit einem Haircut von 40 % oder Staatsanleihen in Höhe von 1,06 Mio. € mit einem Haircut von 5 % stellen, denn beide Sicherheiten haben einen Wert von knapp über 1 Mio. €. Entscheidend ist, dass der Gesamtwert der Sicherheiten nach Berücksichtigung der Haircuts dem Gesamtkreditbetrag entspricht (oder diesen übersteigt). Der Kreditnehmer kann also entweder Vermögenswerte mit einem höheren Wert und höheren Haircuts oder aber Vermögenswerte mit einem niedrigeren Wert und geringeren Haircuts als Sicherheiten stellen.

Das Eurosystem verfügt über ein striktes Verfahren für die Risikosteuerung, bei dem Haircuts nur eine von mehreren Maßnahmen zur Risikokontrolle sind, um sicherzustellen, dass keine übermäßigen Risiken eingegangen werden. Der Rahmen für die Risikokontrolle wird regelmäßig überprüft. Die EZB veröffentlicht zudem eine Liste der Haircutkategorien, die sie auf Sicherheiten anwendet.

Weitere Informationen zu Haircuts sind dem Occasional Paper The valuation haircuts applied to eligible marketable assets for ECB credit operations zu entnehmen.

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